Alex Sadkowsky, 1934 geboren, hat mit seinem Monumentalroman zu einem literarischen Gipfeltreffen eingeladen: Von Boris Vian über Walter Serner bis hin zu Alasdair Gray, Alfredo Vea oder John Kennedy Toole tafeln sie alle am Tisch zu Ehren der Chinesischen Wespe. Ein «erratischer Block» in der Literatur sei Sadkowsky, der in einem «verwirrend bunten und abwechslungsreichen Opus von homerischem Umfang, das mit Sprachwitz und Wortjonglage gleichzeitig überbeansprucht und verzückt», so die Kritik zum auftakt in Buch Eins. Dabei ist «Die Chinesische Wespe» einiges weniger und damit vermutlich viel mehr: Nichts als eine Liebesgeschichte. Wenn auch die schönste seit «Der Schaum der Tage» von Boris Vian.
Allan Hertzmark, Protagonist des monumentalen Romans, wird am Nationalfeiertag durch einen Röhrenbruch auf die beginnende Sintflut aufmerksam und erschrickt. Er flüchtet sich in den 28sten Stock eines Hauses. Durch die mehrfach verglasten Fenster beobachtet er die Wassermassen, das unruhige Badewasser, und dessen Inhalte. Nach Stunden zwischen Hoffen und Bangen wird er wie durch ein Wunder an das sichere Ufer getragen, wo er Ann Pollak, Heilerin aller Schmerzen, begegnet. Sie erzählt Allan von Dr. Jirka Pollak, dem Erfinder eines milchangetriebenen Flugzeugs und weltbekannten Dentisten. Allan seinerseits besucht die Akupunkturpraxis des Dr. Im Nie Nu, um sich gegen die Zählsucht behandeln zu lassen. Ohne sichtbares Ergebnis wandert er ab. Auf der untersten Stufe, die ins sagenumwobene "Restaurant zur grässlichen Aussicht" führt, trifft er eine wunderschöne Frau, die ihn mit einer Sonnenblume beschenkt. Von ihren taubenblauen Mandelaugen, ihrem Charisma und den Düften, die sie verströmt, vollkommen betört, verliebt er sich. Maria, äusserst religiöse Krankenschwester hält auf Distanz. Eine Waldwanderung im Regen und lange Liebesgespräche führen sie ins "Hotel zur guten Stund", wo sie vergeblich auf das vom Wirt offerierte Essen warten. Das Paar verbringt die Nacht in getrennten Zimmern. Allan schmiedet die zärtlichsten Gedanken, um die godtesfürchtige Maria nach dem Frühstück mit einem eigens für sie auf der Bettkante komponierten Liebeslied zu verführen. Es kommt nicht mehr dazu. Der Wirt liegt tot auf dem Küchentisch. Der mächtige Liebestraum von Allan und Maria, Maiallan, wie sich genannt haben, ist nach zwölf Stunden ausgeträumt. Es regnet aus Marias Augen. Sie verlässt Allan. Dieser wird durch eine Depesche von Leslie Mc Sweeney, seiner grossen Dauerliebe, zu einer Parade der Zwerge in die Vereinigten Staaten von Amerika eingeladen. An diesem bunten, wilden, politisch gefärbten Fest, wo Tränen der Wut und Freude, viel Alkohol und Schweiss fliessen, erblickt Allan das Wunderkind Ona Nellynell.
Ein Zwerg erzählt ihm, dass sie sich von nun an nicht mehr Zwerge, sondern Zweige nennen. Zweige der Gesellschaft. Von einem anderen Zweig, einem Architekten, Handleser und Lügendetektorbesitzer, erfährt Allan, dass das zierliche Wunderkind Nellynell einen pornografischen Roman, einen Bestseller verfasst hat. Die finale Rede bei grosser Hitze an die tausendköpfige Gruppe von Kleinwüchsigen beginnt mit den Worten: Willkommen am Treffpunkt der Menschlichkeit.