Rembrandt im bilgerverlag

Brief an den bilgerverlag vom 2. Februar 2006.

Sehr geehrter Herr Bilger, 
die Welt steht Kopf und vergisst darob das Sehen. Vor vierhundert Jahren, an einem Tag mitten im Juli wurde Rembrandt Harmenszoon van Rijn, kurz Rembrandt genannt, geboren. Am 4. Oktober 1669 wurde der grosse Maler des Helldunkel in einem anonymen Grab beigesetzt. Das wissen Sie sicher alles auch. Ich will Sie auch nicht lange aufhalten, nur soviel: 

Vor wenigen Wochen machte mir ein Kollege, Chirurg und wie ich, passionierter Rembrandt-Verehrer, ein Geschenk. Eine Trouvaille ganz in Schwarz. Darauf geprägt «Die Gilde», Autor, Kaspar Schnetzler. Auf dem Vorsatzpapier, schon bin ich dem Buch erlegen, der wunderschöne Stich Amsterdams zu gerade jener Zeit als Rembrandt gelebt und gewirkt hat. Und dann das: Die Hauptfigur Dr. Kulp – erinnerte sie nicht an Dr. Tulp? Jenen Dr. Tulp aus Rembrandts legendärem Gemälde «Die Anatomiestunde des Dr. Nicolaes Tulp». 
Ich begann zu lesen und verlor mich in einem Roman, der von einer solchen Intensität ist, dass ich heute noch, und ich bin mir einiges gewohnt, ein Kribbeln unter der Haut fühle, wenn ich an die Stunden der Lektüre denke. Was für eine grandiose Hommage an dieses Bild der Weltkunst. Und was für ein brillant-bösartiger Blick auf die Gilde der Chirurgen jener Zeit, – die mir heute nicht wesentlich eine andere zu sein scheint, – als die Medizin sich gottähnlich anmasste alle Grenzen der Ethik zu überschreiten. 
Ihr Verlag, lieber Herr Bilger, ich gebe zu, noch nie etwas von ihm gehört zu haben, hat einen historischen Roman, einen Thriller im Programm, da können «Das Sakrileg» und «Der Medicus» und «Das Parfüm» und wie sie alle heissen, sich hinten anstellen. Warum ist «Die Gilde» nicht schon lange ganz oben auf den Bestsellerlisten? Warum hat hier in Holland noch niemand von diesem Meisterwerk gehört? 
Davon haben Sie nicht gegessen, ich weiss, aber lassen Sie mich Ihnen versprechen, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um «Die Gilde» unters Volk zu bringen. Rembrandt wird in diesem Jahr einiges über sich ergehen lassen müssen. «Die Gilde» würde ihn freuen. Gratulation an Ihren Autor Kaspar Schnetzler. Ein wahrer Meister des Helldunkel. Und ein Mann mit einem betörend schwarzen Blick auf die Welt 
Behalten Sie um Gottes und Rembrandts Willen alle Rechte an diesem literarischen Wurf. Er könnte Ihrem Verlag noch viel Freude bereiten. 
Mit freundlichen Grüssen, 
Ihr 
Dr. Marten van Reede 
Amsterdam